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dissemiNation

Stefan Alber, Arnold Mario Dall'O, Käthe Hager von Strobele, Hubert Kostner, Erbossym Meldibekov, Gulnur Mukazhanova, Judith Neunhaeuserer, Slavs and Tatars, Alexander Ugay

Eröffnung am 15.5.2015, 18 Uhr
Stadtgalerie Brixen
16.5. - 5.6.2015


Kuratorenführung am 30.5.2015, 11 Uhr

Die diesjährige Ausstellung des Südtiroler Künstlerbundes in der Stadtgalerie Brixen widmet sich den Fragen von Zugehörigkeit und Identität. Konzept und Kuratierung Anna Fech.

DissemiNation diskutiert und hinterfragt die „Nation“ und mit ihr in Verbindung stehende Begrifflichkeiten wie Tradition, Zugehörigkeit und Identität. Durch Begegnungen, Dialoge und Austausch zwischen den KünstlerInnen, aber auch mit der regionalen Bevölkerung, widmet sich das Projekt dem Versuch bipolare Denkstrukturen aufzubrechen und einen Raum zu schaffen, der vielschichtige Situationen und die Koexistenz von Widersprüchen zulässt.

In Lexika wird die Nation gerne als «ethnische Gemeinschaft» bezeichnet, die verbunden ist durch homogene Merkmale z.B. gemeinsame «Geschichte, Kultur, Sprache, meist innerhalb eines bestimmten Territoriums». Wie schnell diese Definition an ihre Grenzen stößt wissen Südtirol, aber auch Länder Zentralasiens zu berichten, die nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder stärker mit Thematiken der Identitätsfindung konfrontiert sind. Bei beiden Regionen resultierte aus der wechselhaften territorialen Geschichte, der Umsiedlungspolitik und dem Zusammenwachsen unterschiedlicher Kulturräume eine Bevölkerungszusammensetzung, bei der Fragen nach Zugehörigkeit und Herkunft nicht einfach zu beantworten sind. Aktuelle Entwicklungen wie die Globalisierung und Migration machen die Thematik noch komplexer.

Der Titel dissemination (engl. Verbreitung, Verteilung, Streuung) ist angelehnt an den Philosophen Jaques Derrida, der beschreibt dass ein Text jedes Mal, wenn er gelesen wird, eine neue Bedeutungsebene entfaltet und deshalb in seiner Interpretierbarkeit niemals erschöpft sein kann. Homi Bhabha, einer der Schlüsselfiguren der postkolonialen Theorie, überträgt diese Idee der unabschließbaren Interpretation auf den Begriff der Nation, um ihn als ein statisches und eindeutiges Konstrukt in Frage zu stellen. Dem Theoretiker geht es um die komplexen Strategien kultureller Identifikation, die eine widersprüchliche Verortung des Subjekts zulassen, weil sie von Ambivalenzen und doppelten, wenn nicht sogar multiplen Sichtweisen definiert sein können.

Basierend auf dieser Theorie soll die Ausstellung einen Versuch darstellen jenseits klarer Landes- und Denkgrenzziehungen zu gehen. Binäre Strukturen werden zugunsten eines Raumes aufgegeben, der widersprüchliche und komplexe Situationen legitimiert. Anstelle eines „Sammelns“ und „Ordnens“ spielt die Ausstellung daher mit der Idee des „Zerstreuens“ und „Verteilens“.

Die KünstlerInnen thematisieren die Relativität von Zugehörigkeits- und Identitätsfragen und ihren transformativen Charakter im Laufe der Zeit. Aufgriffen wird auch die Heimat als ein Nicht-Ort bzw. die Kumulation von mehreren Orten, aber auch Menschen, Beziehungen, Emotionen, die nicht eindeutig lokalisiert, sondern verzweigt und zeitlich parallel stattfinden kann. Die Werke hinterfragen Klassifikations- und Einordnungssysteme, welche angewendet an der Realität zum Scheitern verurteilt sind und zeigen wie sich Individuen in Kollektiven unterschiedlich situieren und dadurch ein vielschichtiges und anstelle eines kohärenten Bildes von sich zeichnen. Polare Schemata werden befragt und wie sie die Abgrenzung von Ich/Anderer fördern sowie zur Konstruktion des Selbst/Fremden beitragen. Ebenso diskutieren Werke das Problem ein künstliches und einheitliches Bild für die Außenwelt zu kreieren, das häufig aus Stereotypen und idealisierten Vorstellungen besteht und letztlich zu Selbstvermarktungszwecken dient. Aufgegriffen wird auch in diesem Zusammenhang der Begriff der Tradition und die Frage inwieweit in Zeiten der Globalisierung diese nur noch künstlich für touristische Zwecke erhalten werden, wenn parallel eigentlich seit Generationen überlieferte handwerkliche Tätigkeiten in Vergessenheit geraten.

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