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Sieglinde Tatz Borgogno

50 Jahre / Bilder - Skulpturen

01.03. - 15.03.2008

Betritt man die verschachtelten Räume des Ateliers der Künstlerin Sieglinde Tatz Borgogno, so scheint man sich vorerst in einem Kunstlabor für Anatomie und Leidenschaft wieder zu finden: Üppige weibliche Figuren aus Gips und Ton, Liebespaare in Email, aquarellierte Akte und unzählige Körperskizzen füllen das Repertoire der Künstlerin.
In einem der hinteren Räume eröffnet sich allerdings ein völlig neuer Blick auf das Schaffen der Künstlerin: Das mannigfaltige und chaotische einer Wunderkammer weicht unerwartet der akribischen Ordnung eines Aktenarchivs: Über hundert einheitliche, große, schwarze Mappen sind systematisch bis unter die Decke aneinander gereiht und übereinander gestapelt. Jahreszahlen und Ortsbezeichnungen wie Paestum, Kenia, Filicudi, Argentinien oder Griechenland sind - in goldenen Lettern - auf den Lederrücken zu lesen. Nimmt man willkürlich einen der schweren Ordner in die Hände und schlägt ihn auf, beginnt man unweigerlich im Leben von Sieglinde Tatz Borgogno zu lesen. Neben verbildlichten Berichten aus unzähligen Reisen werden Menschen, Tiere und Flora zu wesentlichen Bestandteilen ihrer intimen Lebensgeschichte. Auf eindringliche Art und Weise verschmelzen die lose eingelegten Papierbögen beim Blättern zur visuellen Lektüre.
Die Sammlung aus über fünfzig Jahren spontan angefertigter Skizzen, emotionsgeladener Stimmungsbilder und akribischer Detailzeichnungen reflektieren nicht nur Reiseimpressionen der Künstlerin, sondern sind zugleich Spiegel einer Wanderung durch die eigene Seelenwelt. Sehnsucht, Enthusiasmus und immer wieder der Versuch, echte Gefühle auf Papier zu bannen, sind der Motor für Tatz Borgognos unermüdlichen Arbeitsdrang. Figuration und Abstraktion alternieren; Humor und Ernsthaftigkeit, pompöse und flächige Malerei sowie spröde aus wenigen Linien und Strichen bestehende Zeichnungen wohnen im monumentalen Werk der Künstlerin dicht beieinander. Sieglinde Tatz Borgogno scheint jedes stilistisches Mittel recht, um ihren proteushaftigen Gedankensplittern Ausdruck zu verleihen. Durch Umwandlung und Neubuchstabierung setzt sie sich einer desaströsen und als fantasielos empfundenen Realität entgegen und produziert mit ihren Arbeiten Unmittelbarkeit. Bewusst exekutierte Naivität als Antithese zur oft gefühlskahlen Wirklichkeit fügt sich in ihrem Oeuvre zu einem komplexen gefühlsbetonten Weltenabbild.
Die Galerie Prisma zeigt vom 01.03 - 15.03.2008 den Fassetten- reichtum der fünfzig jährigen Schaffensperiode von Sieglinde Tatz Borgogno. Die Ausstellung übernimmt den Archivcharakter ihrer Atelierräume und präsentiert Skulpturen sowie über hundert Mappen, die noch nie vorher für die Öffentlichkeit zugänglich waren.

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