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Karin Welponer. Doch alle Lust will Ewigkeit

Einzelausstellung
10.06.-09.07.2022
Galerie Prisma

Begrüßung
Alexander Zoeggeler, Präsident SKB
 

Einführung
Luigi Fassi, Direktor Artissima, Turin

 

Zur Ausstellung erscheit ein Katalog.

Fotos: Leonhard Angerer

 

Eröffnung: 10.6.2022, 19 Uhr

Ausstellungsdauer: 10.6. – 9.7.2022, Di – Fr 15 – 19 Uhr und Sa 10 – 12 Uhr

 

Eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Karin Welponers Arbeit sind seit vielen Jahren die von ihr unternommenen Reisen, die sie im Laufe der Zeit in einer reichen Sammlung an Notizbüchern, Fotos, vor allem aber vor Ort angefertigten Zeichnungen ihrer Erlebnisse und Begegnungen dokumentiert hat. Insbesondere der Nahe Osten, Nordafrika und Südamerika sind seit mehreren Jahrzehnten immer wieder bevorzugte Ziele der Künstlerin, an denen sie weite Strecken zu Fuß und unter aufmerksamer Beobachtung der Gebiete und Menschen zurückgelegt hat.

Die Werkgruppe der ausgewählten Zeichnungen, entstanden in den Jahren 2012 und 2017 im brasilianischen Bundesstaat Bahia, zeigt Frauen am Strand, in einer Position der Ruhe und Besinnung, eingefangen zwischen Wasserlinie und Sand, im Stehen oder im Liegen. Darstellungen von Geschlechtsteilen, Hüten, freizügigen Posen, Andeutungen von Tanz, Versenkung und Stille fügen sich in Variationen zum Abbild einer weiblichen Figur, die dem Archetypus der Muttergottheit nahekommt, ähnlich den Frauenstatuetten mediterraner Kulturen, die Wohlergehen und Leben verheißen. Dem Spannungsfeld zwischen Lust als menschlich-irdischer Sphäre und ihrem Verweis auf die Ewigkeit als letzten Horizont nähert sich die Künstlerin ausgehend vom Titel der Ausstellung, der in Friedrich Nietzsches Zarathustra-Lied Doch alle Lust will Ewigkeit seinen idealen Bezugsrahmen findet.

Der Hauptteil der in der Ausstellung gezeigten Arbeiten besteht aus einer Serie großformatiger Zeichnungen, die anhand der Suggestion von Lust und Erotik gleichermaßen den Wunsch nach einer Vereinigung und Symbiose von menschlicher und natürlicher Welt, von Körpern und ihrer Umgebung vermitteln wie die Suche nach einer lebendigen Ausgestaltung, in der verschiedenartige Bereiche ineinanderfallen. Welponers Zeichnungen verhandeln die Formen eines Universums, das sich durch Vereinigungen, Öffnungen und Weiterentwicklungen auszeichnet, wobei neu begründete, für Experimente und Begegnungen offene Beziehungen den Vorrang haben gegenüber der Möglichkeit, neues biologisches Leben zu zeugen.

Welponer sucht mit ihrer künstlerischen Arbeit neue Verwandtschaftsbeziehungen, die neue, über den Menschen hinausweisende Beziehungen erkunden, anthropomorphe Öffnungen, Übergänge, aber auch Landschaften aufspüren, bis ein Punkt erreicht ist, an dem sich der Trennfaden zwischen dem, was menschlich ist, und dem, was nicht menschlich ist, verliert. Die Erkundung dieses Themas begann vor einigen Jahren mit einer Werkserie von Zeichnungen, Eros und Baummenschen die ihren Ursprung in vorbereitenden, bei Ausflügen und Waldspaziergängen entstandenen fotografischen Aufnahmen von Bäumen haben. Die von unten aufgenommenen Nahansichten von Stämmen und Ästen wurden auf Fotopapier gedruckt und anschließend um hundertachtzig Grad gedreht. Vegetabile Zweige und Astgabeln erscheinen so als menschliche Torsi und Beine, geben ebenso überraschende wie unverhoffte menschlich anmutende Details preis. Die vertikalen Linien der Bäume und Stämme kippen in eine unerwartete Perspektive, die die Natur humanisiert, in ihr sinnbildhaft den Menschen und seine Lebenskraft erkennt. Die Bäume nehmen den Charakter von Zeichen und Erscheinungen an. Mit dieser Geste beschreitet Karin Welponer eine weitere Etappe auf ihrem künstlerischen Weg eines Abhorchens der Natur, in der sich zwischen geschwungenen, zu Papier gebrachten Linien und Fotografien neu gefundener Verwandtschaftsbeziehungen ein mögliches, noch zu entdeckendes Universum auftut.

Luigi Fassi

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